Junge Muslim*innen haben sich an kiez-einander gewendet und sich einen Workshop zum Umgang mit antimuslimischen Rassismus gewünscht. Rund 20 Muslim*innen kamen dann zu dem Kurs, als er nun angeboten wurde.
Es erwartete sie ein Safe Space – ein geschützter Raum –, in dem sie sich gegenseitig von ihren Erfahrungen mit rassistischer Diskriminierung erzählen konnten, ohne dass diese Erfahrungen von unbetroffenen Dritten relativiert oder geleugnet werden konnten. Der Leiter des Workshops ließ den Teilnehmenden den nötigen Raum und die Zeit, die sie brauchten, um ihre schmerzhaften Erfahrungen in der Gruppe zu teilen.
Einmal Vertrauen gefasst, berichteten die Muslim*innen von Diskriminierung in Schule, Studium und Beruf, von Beschimpfungen und Anfeindungen auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln aber auch in Arbeits- und Bildungsstätten und davon, dass sie sich immer wieder gegen Vorurteile, die auch von Politik und Medien geschürt werden, verteidigen müssen. Bald wurde deutlich: Die Erfahrungen und auch die dadurch ausgelösten Emotionen gleichen sich.
Durch die Gesprächsrunde und die anschließende Analyse der berichteten Erfahrungen wurden die Teilnehmenden sensibilisiert und erkannten, dass ihre individuellen Geschichten Teil eines strukturellen Phänomens sind, nämlich des antimuslimischen Rassismus.
Nach dem ersten wichtigen Teil ging es in den zweiten Teil über. In diesem galt es, Handlungsstrategien gegen antimuslimischen Rassismus im Alltag zu erproben. Die Teilnehmenden wurden gebenten, sich in zwei Kreisen aufzustellen. Jede Person im inneren Kreis stand jeweils einer Person in dem äußeren Kreis gegenüber. Jetzt hieß es Nerven behalten, spüren, wahrnehmen, reagieren. Abwechselnd konfrontierten sich die Personen jeweils mit antimuslimischen Stereotypen – anschließend wurde rotiert und es ging in eine weitere Runde des Kreuzfeuers. Die Teilnehmenden warfen sich gegenseitig vor, sexistisch, antisemitisch, homophob, gewalttätig, demokratiefeindlich, rückständig oder radikal zu sein – Äußerungen, mit denen die Teilnehmer*innen im Alltag immer wieder konfrontiert sind. Dank der Vorbereitung auf diese anstrengende Übung, konnten die Teilnehmer*innen selbstsicher reagieren. Wichtig war dabei, die eigenen durch die rassistischen Aussagen ausgelösten Gefühle, wie Wut und Schmerz wahr- und ernstzunehmen, sich Zeit zu lassen, sich nach dem Schmerz wieder zu sammeln und sachlich und bestimmt zu reagieren.
Neben den Handlungsstrategien war die wichtigste Lehre, die die Workshopteilnehmer*innen mitgenommen haben, dass sie mit ihren Erfahrungen nicht alleine sind und, dass sie nicht das Problem sind, sondern die Opfer eines gesellschaftlichen und strukturellen Problems. Zum Abschluss wurden den Teilnehmenden Anlaufstellen und Initiativen vorgestellt, an die sie sich wenden können, um Beratung und Unterstützung bei Vorfällen von antimuslimischen Rassismus und anderen Formen von Diskriminierung zu bekommen. Denn neben dem individuellen Umgang ist es wichtig, sich Hilfe und Unterstützung zu suchen und die Vorfälle sichtbar zu machen, indem man sich an entsprechende Anlaufstellen, wie Netzwerk gegen Diskriminierung, ADAS (Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen) oder auch an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wendet.